…vielleicht gehörst du auch zu denjenigen, die sich immer wieder Gedanken machen, woher unsere Kleidung und Textilien kommen? Vielleicht sind dir auch schon einige Begleitumstände unserer Textilien bekannt und du fragst dich, wie du das anders handhaben könntest?
Das Zeitalter des textilen Konsumrausches
Wir leben gerade in einer Zeit, in der Billig-Textilien vollkommen “in” sind. Dabei ist es erst mal egal, ob es sich um Kleidung oder beispielsweise Wohntextilien handelt. EIn Angebot jagt das andere – und wir lassen uns zu Schnäppchenjager*innen erziehen, die gerne das Gefühl haben, alles zu brauchen, was uns da präsentiert wird.
Leider vergessen wir darüber gerne die Umstände, unter welchen diese ganzen Textil-Fluten hergestellt und um den Erdball geschippert werden. Angefangen von pestizidverseuchtem Anbau von “Naturmaterialien” bis hin zu den menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen der Textilunternehmen in Billiglohnländern. Auch die Herstellung von immer mehr Kunsstoffen ist weder gesund noch besonders ressourcenschonend und belastet den Globus in immer drastischerer Weise.
Textilien sind wertvolle Rohstoffe
Jedes Jahr wandern tausende von Tonnen Textilien einfach mal so auf die Müllberge.
Dabei sind längst nicht alle Stücke unbrauchbar.
Vieles gefällt einfach nicht mehr, ist unmodern geworden oder hat nur eine kleine Beschädigung. Trotzdem schmeissen wir die Sachen lieber weg, als uns Gedanken darum zu machen, ob das wirklich notwendig ist.
Die Stoffe, aus denen diese Textilien sind, sind Rohstoffe. Sie wurden mit viel Energieaufwand (Strom und Wasser – um die wichtigsten zu nennen) hergestellt. Jedes weggeschmissene Teil wird – irgendwo auf der Welt – wieder neu hergestellt. Das ist nicht sonderlich sinnvoll.
…aber – ich nähe doch selber…
Auch wenn du viel selber nähst – deine Stoffe aber grundsätzlich neu kaufst – unterstützt du leider diesen unsinnigen Kreislauf.
Die Stoffe, die du angeboten bekommst, ob im Internet, im Stoffgeschäft oder auf den heißbegehrten Stoffmärkten, stammen zum größten Teil aus den gleichen Billiglohnländern wie fertig genähte Textilien. Die Herstellung dieser Stoffe ist ebenso ungesund, umweltbelastend und menschenunwürdig wie Billigklamotten.
…und nun?
Hier kommt textiles Upcycling ins Spiel. Upcycling bedeutet übersetzt etwa “Aufwerten”. Das Wort setzt sich aus “up” (nach oben) und “recycling” (wiederverwerten) zusammen. Mit anderen Worten – ich ermögliche abgelegten (Roh)Stoffen ein neues Leben!
Das kannst du wunderbar mit abgelegten Textilien durchführen. Dabei ist es vollkommen gleichgültig, ob du das mit abgelegter Kleidung, Bettwäsche, Vorhängen, Polsterstoffen oder Handtüchern machst. Auch wenn z.B. die Jeans an manchen Stellen Löcher hat, so ist der Rest der Hose meist unversehrt und du kannst diesen Rest prima weiterverwenden.
Ja, es ist mit etwas Aufwand verbunden, alte Textilien zu zerschneiden und neu zusammen zu setzen. Jedoch ist dieser Aufwand lohnend. Zum einen sparst du Geld, denn die Textilien sind bereits da – zum anderen kannst du durch Kombinieren der Stoffe wunderschöne Unikate schaffen.
Ein paar einfache Beispiele für textiles Upcycling findest du in unserem Blog Nadelarbeiten
hervorragend geeignet für Nähanfänger…
Du bist Nähanfänger und hast ein wenig Hemmungen teuer gekaufte Stoffe zu zerschneiden? Dann versuche dich doch mal an textilem Upcycling. Es macht Spaß und du kannst alten Lieblings-Klamotten sogar das Leben erhalten. Auf schöne Stoffe musst du deswegen nicht verzichten. Schließlich haben wir unsere Textilien mal gekauft, weil sie uns gefallen… weil es ein toller Stoff ist… weil uns ein Muster besonders gefallen hat… weil wir vielleicht schon darauf achteten, nachhaltig zu kaufen… Warum solltest du diese tollen Rohstoffe wegschmeissen? Helle Stoffe lassen sich recht einfach umfärben. Musterstoffe kannst du ganz neu und toll kombinieren. Es gibt zusätzlich die Möglichkeiten, deine Nähprojekte zu beplotten oder zu besticken…. Kurzum, du kannst mit abgelegten Textilien genauso fantastische Nähergebnisse erzielen, wie mit neuen Stoffen.
textiles Upcycling hat jede Menge Vorteile…
Abgelegte Textilien sind sicher nicht mehr gesundheitsschädlich. Durchs bereits mehrfache Waschen sind sämtliche Appreturen und andere Chemikalien sicher rausgewaschen. Auch Farbüberschüsse sind in abgelgten Textilien nicht mehr vorhanden. Die Stoffe gehen beim Waschen (mit der richtigen Temperatur) bestimmt nicht mehr ein und du musst beim Nähen darauf kein Augenmerk mehr legen. Du leistest einen großen Beitrag für die Umwelt, da weniger Textilstücke neu produziert werden müssen. Du sparst jede Menge Geld, denn Stoff kaufen (und anschließend erst mal horten) kann ganz ordentlich teuer sein – selbst wenn du auf Schnäppchen achtest.
Werde ein Textil-Upcycler…
Warum noch warten – starte doch gleich mal durch. Schau mal in deinem Kleiderschrank, was sich da an Schätzen verbirgt. Klamotten, die du schon lange nicht mehr getragen hast – du es aber nicht übers Herz bringst, sie zu entsorgen. Gib diesen Lieblingsstücken ein neues Leben. Schaffe einzigartige Unikate. Du kannst dir ziemlich sicher sein, dass niemand anderes mit den gleichen Stoffmustern herumrennt… Werde einzigartig und wunderbar.
Wenn du anfängst textiles Upcycling zu betreiben, wirst du bald sehen, wieviel Spaß es macht. Ebenso bald wirst du Textilien mit ganz anderen Augen sehen und sicher stellen sich dann Gedanken ein wie “…oh, was für ein schönes Stück Kleidung/Bettwäsche/Tischwäsche – was man daraus tolles machen könnte…”
Kommentiere gerne hier deine Gedanken und Ideen zu diesem Thema und lass’ uns die Welt ein klitzekleines Stückchen verändern…
Herzlichst, Beate
Auch ich mache besonders gerne aus alten Sachen wieder neue Stücke .Meine Tochter hat mir 2 alte NVA Zelte mitgebracht die ihrer Pfadfindergruppe geschenkt wurden .Sie selber konnten sie nicht gebrauchen , da kein Gestänge mehr da war .Da die Zelte aus naturfarbener fester Baumwolle sind kann man sie wunderbar einfärben .Ich nähe daraus Taschen , die ich mit alten Jeans kombiniere .Das Innenfutter fertige ich aus alten Baumwolloberhemden..Außerdem müssen alle meine Freundinnen bevor sie eine Tasche entsorgen die Griffe und Verschlüsse abmachen .Dann wird jede Tasche noch inveduell bestickt .Ich hoffe das in Zukunft noch viel mehr Nähbegeisterte dazu übergehen aus alten Dingen neue zu machen .weiter so .
Wunderbar, wenn man nicht alleine ist!
Da ich schon lange sehr knapp Textilien (und Anderes) einkaufe, reicht mein eigener Fundus nicht so recht zum Nähen(lernen), aber man hat ja Familie, Nachbarn und nicht zu vergessen: Flohmärkte! Stoffjagd auf dem Flohmarkt macht an sich schon sehr viel Spaß und man findet erstaunliche Schätze – – – und da ich ohnehin immer mal wieder Flohmärkte besuche, verbrauche ich auch real keinen Treibstoff. (Mein Lieblingsflohmarkt liegt ohnehin “auf dem Weg”).
Das ist ein sehr guter Tipp, liebe Hanne – danke, dass du ihn hier veröffentlicht hast ♥
Ich kann mir gut vorstellen, dass man dort echte Schätze finden kann – und es ist so schön, wenn ungeliebten Textilien ein neues Leben geschenkt wird…
LG – Beate
Vielen Dank für diese bereichernde Ergänzung. Es ist sehr schön, zu wissen, dass immer mehr Selbernäher*innen diese alten Traditionen – sei es Patchwork oder kunstvoll Reparieren – wiederentdecken und schönen Stoffen damit wieder eine andere Wertigkeit geben. Dazu kommt, dass wir heute so tolle, technische Möglichkeiten haben, da die Näh- und Stickaschinen selbst im Hobbybereich immer mehr beeindruckende Funktionen bieten… welche schier alle denkbaren Kreationen umsetzen lassen…
LG – Beate
Danke, daß Du uns Stoff zum (Nach)-Denken gibst. Bei mir mußt Du keine offenen Türen einrennen, wollte noch einiges hinzufügen. Alles, was Du nicht in die Altkleidersammlung gibst, hilft z.B. den Näherinnen in Afrika, ihre Arbeit weitermachen zu können. Schließlich können die Kleider, die Du behältst, dort nicht zu Dumping-Preisen auf den Märkten verkauft werden. Früher waren Kleider und Stoffe so wertvoll, daß z.B. die amerikanischen Siedlerfrauen auf die Idee mit dem Patchwork kamen – angesetzte Rüschen und sonstige Verschönerungen durch Verlängerung zeugen davon, daß die Kinderkleider nicht nur vererbt, sondern eben auch beim Längenwachstum der Kinder mitverlängert wurden. Flickenteppiche sind Recycling-Produkte – Quilten, Ausbessern von Jeans, Kunststopfen von Gardinen, Perlon- und Seidenstrümpfen verhalf verschlissenen Kleidungsstücken zum Weiterleben. Es gibt aus der Vergangenheit bestimmt noch viel mehr Beispiele – und wir in der Gegenwart können die Tradition mit neuer Motivation fortsetzen!