Gute und hochwertige Stickdateien – worauf kommt es an?

Gute und hochwertige Stickdateien erkennen

Regelmäßig werde ich mit der Frage konfrontiert, wie man gute und hochwertige Stickdateien erkennen kann und ich habe meine Gedanken und Erfahrungen zu den wichtigsten Merkmalen mal zusammengefasst.

Zuallererst – was zeichnet eigentlich gute und hochwertige Stickdateien aus?

Gute und hochwertige Stickdateien haben als ein Hauptmerkmal nur so viel Fadenschnitte, oder Sprungstiche bei Maschinen ohne Schneidefunktion, wie unbedingt nötig und in der Regel so wenig als möglich.
Desweiteren ist eine gute Stickdatei „aufgebaut“ – sprich, der Designer macht sich im Vorfeld Gedanken, wie die Stickflächen zueinander liegen und wo Verbindungslauflinien unsichtbar gesetzt werden können.
Auch notwendige Überlappungen einzelner Flächen, oder das Einsetzen von Sticheffekten werden sorgfältig durchdacht.
Ebenso wichtig ist, wie die Stichwinkel einzelner Stickflächen gesetzt sind, um unnötiges Verziehen bzw. Zusammenziehen des Stoffes vermeiden zu können.
Eine gut durchdacht erstellte Stickdatei gewährleistet einen flüssigen Stickablauf.
Nicht zu vergessen ist auch die Tatsache, dass eine hochwertige Stickdatei nicht unnötig viele Stickflächen übereinander aufweist.

Warum ist es wichtig auf gute und hochwertige Stickdateien zu achten?

Weil auch die Qualität einer Stickdatei maßgeblich zu einem schönen Stickergebnis, einer langlebigen Stickerei (auch nach vielen Wäschen noch) und einer langen Lebensdauer deiner Stickmaschine beiträgt.

Beispielsweise vernäht deine Stickmaschine am Anfang und Ende eines jeden Stickschritts den Faden. Hat deine Maschine einen Fadenabschneider, so schneidet sie am Ende des Stickschritts den Faden. Das bedeutet, dass auf der Rückseite der Stickerei Knötchen spürbar sind. Sind es (zu) viele Knötchen, dann besteht die Gefahr, dass die Stickerei insgesamt unsauber wird oder durch viele Wäschen die Stickerei sogar „aufdröselt“.
Bei Stickmaschinen ohne Schneidefunktion müssen auf der Vorderseite all die Sprungstiche von Hand abgeschnitten werden. Machst du das nicht sorgfältig nach jeder Farbe, wird es später schwieriger, die Fäden sauber abzuschneiden, da sie von anderen Farben überstickt werden.
Bei zu vielen Sprungstichen/Fadenschnitten hast du eher eine „Fadengrafik“ als eine saubere Stickerei.

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Darstellung der Fadenschnitte und Sprungstiche – bei einer mit Automatikfunktion erstellten Stickdatei

  • jede gestrichelte Linie in dieser Schweinchen-Grafik bedeutet einen SPRUNGSTICH – die Nadel springt unkontrolliert hin und her. Es gibt keinen durchdachten Ablauf der schwarzen Kontur.
    Würdest du diese Datei sticken, wäre das eine ziemliche Fadengrafik.
  • bei jedem Dreieckssymbol wird der Faden geschnitten (= verknotet) oder ein Sprungfaden (bei Maschinen ohne Schneidefunktion) wird zum nächsten Punkt gezogen.
  • du kannst erkennen, dass die Stickrichtung (der Stichwinkel) bei allen Stickflächen gleich ist (das linke Auge habe ich zur besseren Erkennung im Stichwinkel „korrigiert“).

Werden Stichwinkel nicht durchdacht gesetzt, oder haben – schlimmstenfalls – alle Stickflächen den gleichen Stichwinkel, dann zieht es den Stoff später sehr unansehnlich in Stickrichtung zusammen. Ich habe hierfür leider kein reales Beispiel, weil ich solche Stickdateien meiner Stickmaschine und meinen Nerven nicht antun möchte…

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Wird die Stichdichte nicht beachtet oder werden zu viele Stickflächen übereinandergelegt, dann kommt es schnell zu Nadelbruch, Stofffrass oder unvorteilhaften und/oder schädlichen Problemen an/mit der Stickmaschine oder dem Stickgut.

Warum kommt es bei Stickdateien zu so erheblichen Qualitätsunterschieden?

Das liegt relativ einfach daran, dass nicht jeder Designer – oder wer es werden will – sich die Mühe macht, das Handwerk des Punchens (so heißt das Erstellen von Stickdateien in der Fachsprache) auch wirklich professionell erlernen zu wollen.
Das Erlernen des Punchens ist ein zeitraubender Prozess mit sehr viel Üben, Kurse besuchen, Fachliteratur wälzen, durchaus viel Frust, Wiederholen, Korrigieren, immer wieder sticken und nochmals Üben. Es ist auch ein fortwährender Prozess des Weiterlernens. Ein „ich bin fertig mit dem Erlernen und kann jetzt alles“ gibt es nicht.
Auf diese Weise entsteht der erforderliche Erfahrungsschatz rund um gute Stickdateien.
Das Punchen war sogar mal ein Lehrberuf, was dir vielleicht etwas Klarheit darüber vermittelt, wie lang es ungefähr dauert, bis sich ein Designer das nötige Hintergrundwissen erarbeitet hat.

Wieso wagen sich unkundige Designer an diese Arbeitsprozesse?

Jede Stickerei-Software hat eine Automatik-Funktion. Diese Automatik Funktion wird von den Softwareherstellern als herausragend und „babyleicht“ zu bedienen angepriesen und erweckt den Schein, dass man – ohne Ahnung und Hintergrundwissen –
„ganz einfach“ Stickdateien erstellen könne.
Es ist heute möglich, mit nur wenigen Klicks aus einem Bild (vorherrschend Vektorgrafiken, aber auch Fotos) eine Stickdatei zu „erschaffen“.
Leider sind diese automatisch erstellten Designs alles andere als schön oder sauber stickbar.
Automatisch erstellte Designs müssen generell sorgfältig nachbearbeitet werden.

Ich habe mal zwei meiner handgezeichneten Motive zu Vektorgrafiken generiert, um diese für diesen Beitrag per Autopunch Funktion zur Stickdatei „umzuwandeln“. Auf diese Weise möchte ich dir näherbringen worauf du achten kannst.

Warum soll die Erstellung mit der Automatik minderwertiger sein?

Die Automatik der Software kann nicht „mitdenken“. Sie besitzt keine Erfahrungswerte im Maschinensticken.
Sie weiß nichts über Stoffverhalten, setzt keine notwendigen Überlappungen von Stickflächen und ist ursprünglich nur als Hilfsmittel zur Erstellung von Stickdateien gedacht.
Sie erstellt keinen durchdachten Aufbau einer Stickerei, alle Flächen weisen den gleichen Stichwinkel auf und das Motiv ist eher ein mäßiges „Ausmalbild“.
Konturen werden oft in zu schmal gehaltenem Satinstich erstellt. Dadurch sind die Konturen äußerst unsauber. Sie haben eine unlogische Stickabfolge und manche Flächenfüllungen werden ziemlich unsinnig als Satin-Füllungen ausgegeben und sehen dadurch oft „knotig“ und „klobig“ aus.
Das gleiche gilt übrigens auch für „schlaue“ Stickmaschinen, die „Bilder einscannen und sticken“ können. Auch da ist nur eine Automatik am Werk, mit den einfachsten Grundeinstellungen und die Ergebnisse haben mit durchdacht erstellten Stickdateien nur wenig gemeinsam.

Alle rein automatisch erstellten Stickdateien sind – ohne die sorgfältige, professionelle Nacharbeit des Designers – üblicherweise nur „Stickdateien des Grauens“.

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Die Automatik Funktion erstellte diese Stickdatei mit
92 (!!!) Fadenschnitten, 16 Farbwechsel bei nur 11 Farben und eine völlig unsinnige Farbreihenfolge.

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Die Automatik Funktion erstellte diese Stickdatei mit nur 4 Farben mit 78 (!!!) Fadenschnitten, 5 Farbwechsel und wieder eine völlig unsinnige Farbreihenfolge.

Du fragst nun zurecht, wie du gute und hochwertige Stickdateien erkennen kannst…

…weil nur selten die oben erwähnten Merkmale in den Artikelbeschreibungen (sofern überhaupt eine Beschreibung vorhanden) aufgeführt werden.
Es ist nicht immer einfach Qualitätsunterschiede zu erkennen wenn man nur Produktbilder vor sich hat.

Ich habe da ein paar kleine Tipps für dich, mit welchen du dein Auge schulen kannst:

Schau‘ dir die Produktfotos deiner Wunsch- Stickdatei, in dem von dir ausgewählten Shop, genau an.
Sind überhaupt keine real gestickten Bilder vorhanden, dann lass‘ gegebenenfalls lieber die Finger davon.
Designer, die auf gute Stickqualität achten, fotografieren ihre Stickdateien auch mit Nahaufnahmen, Details, aus verschiedenen Perspektiven der Stickerei oder setzen real gestickte Designbeispiele (von ihren Teststickern oder ihren Kunden gestickt) dazu.

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Sind Produktfotos immer echt?

Es gibt in jeder Stickdateien-Software die Funktion eine sogenannte „3D-Stickansicht“ einzustellen.
Mit dieser Ansicht überprüfen Designer im Allgemeinen wie ein Motiv ausgestickt wirkt.
Diese 3D-Ansicht-Bilder einer Stickerei sehen immer „perfekt“ aus und vermitteln den Anschein es handle sich um ein gesticktes Projekt und werden sehr gerne für Produktfotos verwendet.
Jedoch kannst du beim Heranzoomen eines solchen Bildes und mit geübterem Auge durchaus erkennen, dass es nicht real gestickt ist.

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Mock-Up-Stickdateien-001

So manch ein Designer nutzt gerne nur diese 3D-Ansicht als Produktbild und bastelt vielleicht mithilfe diverser Bildbearbeitungssoftware ein ansprechendes Artikelfoto.
(natürlich noch schöner, als mein Beispiel mit der Tunika)

Das ist erst mal nicht zu kritisieren und auch ok.

Die Qualität einer Stickdatei kannst du darüber leider nicht wirklich herauslesen.

Sollten jedoch keine weiteren Fotos der Stickerei vorhanden sein auf denen „real gestickt“ zu erkennen ist, darfst du getrost skeptisch werden.

Real gestickt erkennst du gerne daran, dass in Detailaufnahmen der bestickte Stoff gut zu erkennen ist.
Beispielsweise siehst du einzelne Maschen bei gewirkten Stoffen oder bei gewebten Materialien die Webart.
Je nach Detailtreue und Zoomfaktor kannst du auch einzelne Einstichpunkte der Nadel sehen.

Natürlich setzt das ein einigermaßen scharfes Foto voraus.
Auch Stoffunebenheiten kannst du häufig recht gut in Nahaufnahmen erkennen.

Mit der Zeit weißt du welche Stickdateien du gerne stickst und sie deinen Ansprüchen entgegen kommen.

Stickdateien-Nahaufnahmen

Vorrangig findest du die qualitativ weniger hochwertigen Angebote bei Designern, die gerne „schnelles Geld mit wenig Arbeit“ machen möchten, oder bei denen, die auch sehr gerne – unberechtigt erstellte – Lizenzmotive anbieten.
(Lizenzmotive sind beispielsweise: Disney-Figuren, generell Motive aus Film/Fernsehen/Markenlogos oder auch aus der Literatur – da gilt ohne Frage – „besser Finger weg“)

Vorsicht ist auch gegeben in Maschinenstickerei-Gruppen in den sozialen Medien.
Bietet dir jemand in Gruppen/Foren Stickdateien an, die du nur über „persönliche Nachricht“ (PN/DM) erwerben kannst, darf das Angebot mit Zweifel betrachtet werden. Wirst du aufgefordert, Geld privat an jemanden zu schicken, um eine Stickdatei zu „kaufen“, darfst du gerne Bedenken haben und auch genauer nachfragen.
Seriöse Datei-Ersteller haben gewöhnlich einen Webshop oder sind auf größeren Shop-Plattformen vertreten und leiten dich gerne dort hin.

Eine weitere, sehr gute Möglichkeit Qualitätsmerkmale zu testen:

Designer, die auf gute Qualität ihrer Stickdateien achten, bieten erfahrungsgemäß gerne auch Freebies (kostenlose Stickdateien, 0€-Dateien, bei Elfenidee = Kostproben) an, damit du dich von der Qualität ihrer Arbeit selbst überzeugen kannst.
Das ist die beste Möglichkeit Qualitätsunterschiede erkennen zu lernen und hat den schönen Nebeneffekt, dass du gleichzeitig unterschiedliche Stickdatei-Stile kennenlernst.

Das klingt ganz schön kompliziert?

Es ist nicht unbedingt leicht, aber mit jedem sorgfältigen Betrachten von Produktbildern schulst du dein Auge für Ungereimtheiten.
Du wirst sehen, dass es im Laufe der Zeit einfacher wird, Qualitäten unterscheiden zu können.
Im Zweifelsfalle schreibe einfach den Designer an und frage direkt nach, oder bitte um real gestickte Fotos. Bekommst du keine Bilder, oder nur ausweichende oder unzureichende Antworten, wäre das in der Tat suspekt.
Jeder gute Designer freut sich total, schöne Designbeispiele präsentieren zu können/dürfen und wird sich dir gerne erklären oder entsprechende Fotos zeigen.

Wie sieht das mit den Stickdateien von Elfenidee aus?

Bei der Elfenidee bekommst du grundsätzlich nur Stickmotive angeboten, die ich selbst abgestickt habe.

Dadurch siehst du bei den Produktbildern auch nur real gestickte Bilder – immer aus mehreren Perspektiven
(so sieht man auch das Schimmern des Stickgarns wunderbar und wie die Stickerei wirkt) und auch immer einzelne Details in Vergrößerung/Nahaufnahme festgehalten.

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Sammelbild-Skizzen-Elfenidee

Ich digitalisiere meine Motive allesamt „von Hand“, bedeutet – ich verwende prinzipiell keine Automatikfunktion der Software – weil mich das zeitintensive Nacharbeiten eher nervt und setze lieber auf das Punchen von Hand. Auch verwende ich keine Vektorgrafiken sondern zeichne meine Vorlagen – ganz altmodisch – auf Papier.

Mag sein, dass das in unserer Zeit nicht die modernste Art ist Zeichnungen zu erstellen, aber ich liebe die Vorgehensweise, da sie mir immer wieder digitalfreie Zeit verschafft.

Die Vorlagen werden dann, Stück für Stück, zur Stickdatei aufgebaut und umgesetzt, so dass das Sticken dieser Motive ein herzerfrischendes Erlebnis wird.

Zum Abschluss des Beitrags möchte ich dir gerne noch zeigen, wie die Vermeidung von unnötig vielen Sprungstichen und Fadenschnitten aussehen kann, wenn man Motive komplett ohne Automatik-Funktion nur von Hand digitalisiert. Die Farbreihenfolge entsteht durch den Aufbau und ist so gesetzt, dass keine unnötigen Farbwechsel stattfinden.

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Schweinchen-Datei-Info03

Du erinnerst dich, dass die Automatik hier 78 (!!!) Fadenschnitte, 5 Farbwechsel und eine konfuse Farbreihenfolge „kreierte“?

Sicher sind diese Tipps nicht abschließend und es gibt noch weitere Möglichkeiten Qualitätsunterschiede feststellen zu können.

In der Hoffnung, dir das Erkennen von guten Stickdateien ein wenig näher gebracht haben zu können wünsche ich dir ganz viel Freude beim Maschinensticken.

Kommentiere gerne unter dem Beitrag oder ergänze ihn durch deine Erfahrungen zum Thema.

Weitere Tipps zum Sticken oder Ideen zur kreativen Umsetzung mit Stickereien findest du in unserem Blog.

Ganz besondere Freebies von namhaften Stickdateien-Shops bekommst du auch bei Smart-Thread auf der Webseite.

Ganz liebe Grüße,
Beate von der Elfenidee

2 Meinungen zu “Gute und hochwertige Stickdateien – worauf kommt es an?

  1. Karin Matzner sagt:

    Vielen Dank für die ausführliche Erläuterungen und die Zeit die du hierzu aufgewendet hast. Dann kann man sich jetzt ein genaueres Bild von der Ausführung der Dateien machen.

    • Beate Demhold sagt:

      Liebe Karin – ganz herzlichen Dank für deine Rückmeldung ♥
      Es ist mir immer wieder eine Freude mit meinen Blogposts ein wenig meiner Erfahrungen und auch Tipps weitergeben zu können.
      LG – Beate von der Elfenidee ♥

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